Winzerjahr Modul 3: Schädlinge und Schädlingsbekämpfung

20180628_200841_resized.jpgMit neuen Gummistiefeln ausgerüstet trafen wir bei Sonnenschein in Krems ein. Was die Wetter-App sagte, hatte mit dem echten Leben mal wieder nichts gemeinsam. Wir waren etwas zu spät, aber wir hatten die Wahl 50 Minuten zu früh oder 10 Minuten zu spät und entschieden uns für letzteres. Am Morgen geht’s bei uns um jede Minute. Das erste Glasl, den Riesling vom letzten Winzerjahrgang hatten wir leider verpasst, und die Schulklasse war schon voll im Thema des Tages: #Schädlinge.

Wir verbrachten den Tag mit Toni Schmid und seinen ausführlichen Berichten zu den Weinerkrankungen

wie man sich davor schützt und sie heilt. Toni Schmid, der sichtlich begeisterter und überzeugter Bio-Wein-Bauer ist, erlaubte uns tiefe

Einblicke in die Abgründe des konventionellen Weinbaus

und den Möglichkeiten, mit denen die Bio Weinbauern entgegenhielten. Es war krass, zu erfahren, wie viel Mühe und Aufwand in diesen Bio-Produkten steckt. Als Konsumenten fühlten wir uns bestätigt, dass man nichts verkehrt macht, wenn man ein wenig mehr in Bioprodukte investiert, um ehrlich zu sein, zweifle ich auch hin und wieder im Supermarkt, ob es mir das teurere Bioprodukt wert ist. Dank dieses lehrreichen Wochenendes weiß ich nun, dass Bio der einzig richtige Weg ist. Am Nachmittag lernten wir die

Methodik der Titration,

die wir schon aus der Aquaristik kennen. Einer vordefinierten Menge einer Flüssigkeit wird solange tröpfchenweise eine andere zugesetzt, bis sich die Farbe verändert. Anhand der zugegebenen Menge der Flüssigkeit, lässt sich dann eine Aussage über – in unserem Fall – Säureanteil in g (Weinsäure, Apfelsäure, Milchsäure, etc.) und Schwefel in mg pro Liter treffen. Diese drei Weine haben wir ausgetestet (und was nicht im Glaskolben landete wurde getrunken, eh klar). Und hier das Ergebnis:

  1. 5,9 mg Schwefel, 27 g Säure
  2. 5,9 mg Schwefel, 31 g Säure
  3. 4,5 mg Schwefel, 14mg Säure

Den Abend verbrachten wir im

Weingut Sepp Moser, einem Demeter Weinbauern

von Herzen. Er vermittelte uns die Methoden der Biodynamik – also wie dem Wein Informationen über das Terroir durch Impfung mit homöopathische Dosen von Tees und Infusionen zurück gegeben werden. Über diese Feedbackschleifen soll der Wein besonders gut werden. Nun wer mich kennt, weiss: (und alle die später mit beim Viehtrifft waren, wissen das jetzt auch 😉 mit Homöopathie, Mystik und Hokuspokus werde mich wohl nie anfreunden. Aber der Wein war richtig gut und wir kauften 6 Flaschen vom grandiosen Minimal.

Lobenbergs gute Weine beschreibt ihn so, und da sind wir voll dabei. Mann ist der gut!

„…Klar, Spontanvergärung im Holz, Ganztraubenquetschung, Maischestandzeiten, Malo, Holzausbau, unfiltriert….alles was die Elite der Biowinzer heute so kann. Goldgelbes Honigelixier steigt, ja springt aus dem Glas. Wenn die Reserve die Vorstufe zu den Wachauer Smaragden war, geht der Minimal mit Tempo, Wucht, Kraft und Farbe daran vorbei. Was für ein aromatisches Knallbonbon, ein Feuerwerk aus Karamell, überreifer Ananas und Quitte, Mango und Passionfrucht, überreife gelbe, konzentrierte Melone dazu. Ist das gut! Aber kann man das trinken nach dieser Nase? Yes, you can. Denn hier ist er schlank und leicht schräg, von vieler Maischestandzeit fast einen Orange-Wein-Charakter bekommend, dabei aber auf der aromatisch leckeren Seite bleiben. Trocken, Quittte, Nüsse, Nüsse, Nüsse, Mandeln, zarte Birne, Mandarine, im Mund auch Renekloden und Johannisbeere. Geiler Stoff für Freaks, Kenner und Hedonisten, eigenwillig aber keineswegs schräg, macht Spaß in seiner charmanten Individualität…“

Beim Heurigen Viehtrifft

gabs den gemütlichen Abendausklang. Erst getrennt – Piefke-Tisch und Ösi-Tisch (ich übrigens nicht am Ösi Tisch)– zu späterer Stunde dann gemischt, alle Weinlehrlinge auf einem Tisch 😉 Besonders erwähnenswert: Die Hauerplatte mit Schweinsbraten, Karree, Eiern, Aufschnitt. Ein kleines Kalorien und Fettbomberl um 5,7€. So viel Werbung muss sein. Danke fürs Heimbringen – Dagmar!

Dann wurde es nochmal aufregend – wir hatten es tagsüber verpasst einzuchecken und mussten um Mitternacht noch den Schlüssel holen den uns die Klinglhubers dankenswerter Weise hinterlegt hatten. Wir haben ihn nach einiger Anstrengung auch gefunden und mussten glücklicherweise nicht auf den Straßen Krems übernachten. Danke liebe Klinglhubers! Nach einem kleinen Frühstück vertieften wir

die Theorie zu den Schädlingen, zu echtem und falschen Mehltau,

zum Traubenwickler und die Weingartenbearbeitung nach den Regeln der kontrollierten integrierten Produktion. Mörderisch interessant. Toni erklärte uns die Websites, die den Weinbauern zur Verfügung standen – Frühwarnsysteme um den geeigneten Zeitpunkt die Spritzmittel aufzubringen, nicht zu verpassen: Beispielsweise VitiMeteo.at

Nach dem Mittagessen regnete es immer noch nicht und ich verzichtete darauf, die neuen Gummistiefel einzuweihen. Michaela und Christian nahmen mich mit dem Auto mit zum Weingarten und 3 Stunden lang

strickten wir Zweige ein, zupften „Iaxentriebe“ weg

und legten die Trauben von unten frei um für ausreichende Belüftung zu sorgen.

Wir dachten alle, es wäre nicht zu schaffen, der Garten glich einem Weindschungel – aber nach 3 Stunden war das Unmöglich getan und der Garten sah ganz akzeptabel und wieder nach Weingarten aus. Ich war mächtig stolz dass mein gerade verheiltes Bein so gut durchgehalten hatte, aber Kreuzweh hatte ich, das reichte locker für zwei.

Wir wurden von Toni im Klassenzimmer mit einem super Süßwein für die Arbeit belohnt.

Dann hieß es von der Gruppe verabschieden. Wir werden uns erst zur Ernte wiedersehen. Um einige Erkenntnisse und Lehren bereichert fuhren wir mit dem Zug zurück nach Wien. Und die Gummistiefel müssen noch weiter auf auf ihren ersten Einsatz warten.

Ja und getrunkenkostet haben wir auch was:

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