Die Weinbauschule hat uns noch nie geschont, auch dieses Mal nicht. Beginn war wie immer um 8:30.
Agenda des Tages:
- 8:30 Gärstart, Hefeansatz
- 10:15 Gärung und Gärführung
- 12:00 Fahrt nach Donnerskirchen zum Mittagessen
- 13:30 Betriebsbesichtigung Weingut Sommer
- 15:45 Rückfahrt nach Eisenstadt
- 16:00 Sensorik Training und Verkostung
- 18:00 Get together und Jause
- 19:30 Ende 2. Tag
Die alkoholische Gärung
ein super interessantes Thema, ich hab Chemie in der Schule geliebt, es war neben Physik mein Lieblingsfach und letztendlich hab ich mich deshalb auch für eine technische Ausbildung entschieden.
Umso mehr freute es mich, dass sie heute auf der Agenda stand. Als Wiederholung:
C6H12O6 wird zu: 2C2H5OH + 2CO2 + 2H2O
Also Zucker wird durch die fleißige Arbeit der Hefen zu Alkohol, Kohlendioxid, Wasser und Wärme. Daher ist eine geführte Temperaturentwicklung wichtig, die Sache kann sehr hitzig zugehen. Durch den Alkohol würde Wein auch schon bei 90 Grad kochen, im Vakuum sogar schon bei 30 Grad Celsius. Ab einer bestimmten Temperatur stellen die Hefen ihre Arbeit ein, sie darf also nicht zu hoch werden, aber natürlich auch nicht zu niedrig, auch das wollen sie nicht.
Bei Spontanvergärungen hat man immer das Risiko, dass die Hefen nicht zu Ende durchgären – die Beobachtung, Zugabe von Reinzuchthefen oder selbst angesetzten Hefen können dieses Risiko minimieren.
Osmose und Wasserentzug
Wieder einmal entstand die Diskussion über Wasserentzug und Osmose.
Laut österreichischem Weingesetz ist es erlaubt, dem Most Wasser zu entziehen, nicht aber dem vergorenen Wein. Osmose hat mich auch beim Aquarium eine Zeit lang beschäftigt, es ist die Halbleiter Technologie des Weinbaus. Wenn es regnet, dringt Wasser in die Beere – es kann hinein, aber nicht mehr hinaus, weil die Schale eine Membran ist, die nur in eine Richtung durchlässig ist. Ist zu viel Wasser in der Beere, platzt sie auf.
Die Umkehrosmose ist der gegenteilige Effekt – Wasser dringt aus, kann aber nicht rein. Das wendet mal also beim Most an, um ihm Wasser zu entziehen und alle Inhaltsstoffe zu konzentrieren, so kann man sehr gute Qualität noch besser machen.
Wir haben ja 3 Weine in den Fässern:
Fass 1205 groß: 1x mit Hefe und Pektin (das Klassische, Konservative – auf Nummer sicher) 170 Liter, 6g Pektin, 42,5 g Hefe auf Wunsch der Sieben.
Fass 1104 klein: 1x mit Reinzuchthefe und Zucker (der Intensive – das Kurszuckerfassl auf Wunsch von Alex und Markus) ca 80 Liter. Wir haben gelernt: Um 1 Grad KMW aufzubessern muss man 1,3 kg Zucker auf 100 l (nicht Maische sondern Weinflüssigkeit!) zugeben. bei uns etwa 700 g Zucker!
Fass 1107 klein: 1x gar nichts – also völlig unbehandelt – zur Spontanvergärung und zum Vergleich. (Günters SpontanFassl) ca 80 Liter
Man gibt es in dieser Reihenfolge zu: Pektin – kann man direkt ins Fass schütten. Dann Zucker – auflösen und ins Fass leeren. Dann erst die Hefe. Diese muss langsam an die Temperatur des Fasses gewöhnt werden. Also immer wieder aus dem Fass Flüssigkeit zur Hefe geben, umrühren, stehen lassen. Wieder Flüssigkeit aus dem Fass zur Hefe, umrühren, warten. Nach etwa 30 Minuten kommt diese Hefeflüssigkeit dann ins Fass.
Beim Umdrehen und Drücken muss man aufpassen, damit man die Beerenhäute nicht zerreibt. Boekser entsteht dann, wenn die Hefen Stress haben – durch falsche Temperatur oder zu wenig Nährstoffe. Dann kann man mit Belüftung und/oder Kupfer gegensteuern.
Ausflug zum Weingut von Leo Sommer:
Nach einem urigen Mittagessen in Donnerskirchen hatten wir eine tolle Führung im Keller von Leo Sommer.
Obwohl auch hier alles mit Lese, Trauben Einbringung, Gärung, Hefe Zugabe und so weiter beschäftigt war, nahm sich Leo viel Zeit für uns, für Erklärungen, praktische Übungen mit der Spindel (Dichtemessung), der Führung von Notizen, betonte die Wichtigkeit, Messungen täglich vorzunehmen und zu dokumentieren. Er ließ uns in die Weinfässer schauen, wir durften beim Abpumpen dabei sein, und Ute durfte sich am Kühlen mit Trockeneis versuchen – eine sehr spektakuläre Sache.
Danach gings zurück nach Eisenstadt.
Eigentlich erwarteten wir den Chef der Weinakademie zum Sensorik Training und zur Verkostung, aber er versetzte uns. Um 17:00 gings dann mit etwas Verspätung los. Die Verkostung ging nahtlos ins „Get together und Jause“ über.
Bei jeder Verkostung gibt’s was zu Lernen:
- Brioche Geschmack deutet auf Hefe Lagerung hin. Hefig/Brotig kommt von der Hefe, nicht vom Fass.
- BSA – Joghurt Noten, wenn man keinen BSA will, muss man schwefeln. BSA bedeutet ja, dass die Apfelsäure in Milchsäure umgewandelt wird. WEnn es wenig Apfelsäure im Wein gibt, gibt’s auch wenig BSA.
- Wenn von Gelbfrüchten die Rede ist, meint man Kernobst oder Birnen.
Es gab 3x Grünen Veltliner: 1x Stahl, 1x großes Holzfass – 24 Stunden Maische, 1x großes Holzfass mit 1 Jahre Hefe.
Einen Chardonnay Flight. stahlig mit Co2 der erste, nussig nach reifen getrockneten Zwetschken der zweite und fruchtig teeig, engmaschig mit wenig Säure der dritte.
Einen Sauvignon Blanc Fligth, stahlig, unreif nach Brennesseln aus dem Burgenland der erste, intensiv nach Paprika der zweite aus der Steiermark, auf der Maische aus dem Betonei der dritte. Nach Schießpulver gesucht und gefunden.
Ab dem vierten fehlen mir leider die Mitschriften, auf jedenfall war Rolands BF aus dem Winzerkurs 2018 dabei.
Die Jause war super, sie waren sehr großzügig mit den Weinen, es war ein wahnsinnig gemütlicher Abend. Aber um 21:00 war dann Schluss mit lustig. Die Direktorin hatte uns um 90 Minuten überziehen lassen, aber irgendwann muss auch eine Schule mal zusperren 😉 Jetzt wissen wir auch, warum uns die erst keine Hocker geben wollten 😉
Vielen Dank für die Gastfreundschaft und die Geduld mit uns. Ein lehrreicher Tag und ein unvergesslicher Abend im schönen Weinkeller der Schule!